Die Referenzbereiche für Laborwerte werden in der Regel von medizinischen Fachgesellschaften, Laboren und internationalen Normungsorganisationen nicht gesetzlich, sondern wissenschaftlich-statistisch festgelegt.
Das kann problematisch sein, wie ich bereits im Arikel „Lügen deine Laborwerte?“ ausgeführt habe.
Dabei spielen folgende Akteure und Faktoren eine Rolle:
Referenzbereiche für Laborwerte: Wer legt sie fest?
1. Klinische Labore
- Jedes Labor kann prinzipiell eigene Referenzbereiche festlegen, sofern es die Statistik und Methodik offenlegt.
- Die meisten Labore übernehmen jedoch Werte aus großen Vergleichsstudien oder orientieren sich an den Vorgaben von Fachgesellschaften.
- Der verwendete Messapparat und die Methode (z. B. ELISA vs. Chemilumineszenz) beeinflussen ebenfalls den Referenzbereich.
2. Medizinische Fachgesellschaften
- Z. B. Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) oder internationale Organisationen wie die IFCC (International Federation of Clinical Chemistry) geben Richtwerte oder Empfehlungen heraus.
- Diese basieren meist auf Studien mit gesunden Probanden (oft 95 %-Konfidenzintervall) – was als „gesund“ gilt, ist jedoch interpretationsabhängig.
3. Hersteller der Diagnostikgeräte
- Gerätehersteller wie Roche, Siemens oder Abbott liefern häufig eigene Referenzbereiche, die aus internen Studien stammen.
- Diese werden von Laboren oft direkt übernommen, besonders bei spezialisierten Messsystemen.
4. Regulatorische Institutionen (indirekt)
- Behörden wie das Robert Koch-Institut (RKI) oder internationale Institutionen wie die CDC oder WHO geben Grenzwerte für bestimmte Krankheitsrisiken an (z. B. Cholesterin, HbA1c).
- Diese Werte sind aber eher Krankheitsgrenzen (Cut-Offs) als allgemeine Referenzbereiche.
Referenzbereiche für Laborwerte: Wie werden sie bestimmt?
- Datenerhebung:
Es wird eine große Gruppe von vermeintlich „gesunden“ Menschen untersucht (z. B. 1000–2000 Personen). - Statistische Auswertung:
Der Mittelwert ± 2 Standardabweichungen (≈ 95 % der Daten) ergibt den Referenzbereich. - Ausschlüsse:
Kranke Menschen sollten ausgeschlossen werden – allerdings wird das nicht immer konsequent gemacht (z. B. bei Eisenmangel, Schilddrüsenerkrankungen). - Plausibilitätsprüfung:
Der Bereich muss medizinisch sinnvoll sein – was oft diskutiert wird, etwa bei TSH oder Ferritin.
Kritik: Warum Referenzbereiche nicht immer sinnvoll sind
- Die Auswahl der „gesunden“ Vergleichsgruppe ist nicht objektiv – viele latente Erkrankungen (z. B. Unterfunktionen) bleiben unerkannt.
- Referenzbereiche geben keinen Optimalzustand wieder – sie erfassen nur, was „nicht auffällig“ ist.
- Veränderungen im Gesundheitszustand der Bevölkerung (z. B. mehr Vitamin-D-Mangel) beeinflussen langfristig den Referenzbereich.
- Sie berücksichtigen keine individuellen Unterschiede, z. B. Alter, Geschlecht, Zyklusphase, Ernährung oder Genetik.
Was ist die Alternative?
- Die sogenannte funktionelle Medizin oder integrative Medizin arbeitet mit optimalen Zielwerten, die auf klinischer Erfahrung, aktuellen Studien und individueller Symptomatik beruhen.
- Diese Werte liegen oft innerhalb oder sogar außerhalb des offiziellen Referenzbereichs – aber sie orientieren sich stärker an der Frage:
Wann fühlt sich der Mensch wirklich gesund, leistungsfähig und symptomfrei?